„Mein Land erscheint mir heute gleichzeitig größer und kleiner“, das habe ich am Wochenende zu meiner Regisseurin Annette Uhlen gesagt. Und es ist wahr, auch wenn man Räume bemessen, sie in Zahlen genau bestimmen kann (357.168 km² misst zum Beispiel Deutschland), so gibt es auch einen „gefühlten“ Raum. Und der hat sich für mich auf dieser Reise verändert. Ich habe jetzt eine Vorstellung davon wie lange ich brauche, um von einem Ende des Landes zum anderen zu gelangen, ich weiß, was mich elbaufwärts erwartet. Das macht es kleiner. Ich weiß aber auch, wie viel ich nicht gesehen habe, was es alles noch zu entdecken gilt, dass ein Weg ein Universum bereithält. Das macht mein Deutschland riesig. Aber nicht nur der Raum ist flexibel, auch die Zeit. Dieser Tage soll ich allerorten Bericht erstatten über mein Wandermärchen: Der Anfang von allem, Höhepunkte, Tiefpunkte, die Heimkehr, das Resümee. Zwei Jahre meines Lebens wollen in ein paar treffenden Sätzen untergebracht werden; für die Presse „greifbar“gemacht. Was bedeutet, dass es sich manchmal auch um solche Fragen dreht: wurde ich angebaggert, habe ich abgenommen, was für Klamotten hatte ich dabei, wo war es am schönsten.

Das ist natürlich nicht das, worüber ich in erster Linie reden möchte. Meine Reise war ein Ausflug ins Innere, in die Tiefe. Meine Erinnerungen an die zwölf wilden Monate sind nicht linear, die Erlebnisse sind ineinander verschachtelt. Manche plustern sich auf, andere entziehen sich mir und die Wahrheit liegt irgendwo am Wegesrand.

Ich bin unterwegs erwachsen geworden (endlich, wird manch einer sagen). Und ich möchte nun darüber sprechen, dass ich nach Gemeinschaft gesucht habe und sie teilweise auch gefunden habe. Dass ich mir Austausch untereinander wünsche, viel mehr als im Moment möglich scheint. Ich möchte auch mit meiner Generation darüber reden, wie wir uns aus dem Einzelkämpferdasein befreien können. Und nicht nur das. Ich möchte städtische Dörfer bauen, Humor und Phantasie als Schulfach einführen, erfahrene Mütter in Konzernvorstände einschleusen, Menschenschutzgebiete errichten und die Natur natürlich sein lassen.
Ich möchte am liebsten alle Mauern der Überforderung und Abschottung zu Sandhäufchen zerfallen fallen lassen und nie wieder meinen Kopf hineinstecken.
Ich möchte mir jeden Tag bewusst machen, dass ich sterblich bin und keine weitere Sekunde sinnlos vergeuden.

Ja, ich denke doch, dass diese Reise mich verändert hat. Zum Glück beginnen jetzt die Proben am neuen Programm Deutschland. Ein WandermärchenDAS GROSSE LITERATURSCHAUSPIEL. Da kann ich zumindest das mit dem Austausch schon mal in die Wege leiten. Premiere ist am 10. Mai in Hamburg Altona, Tickets gibt es hier. Ich freue mich, wenn Sie kommen und mir bei Fischbrötchen und Bier erzählen, was Sie alles möchten in der Welt. Ich habe bis dahin auch druckfrische Bücher im Koffer und dann verrate ich Ihnen ganz exklusiv, wo es am schönsten war –
Sie werden es nicht glauben … ! (:

Bis ganz bald

Ihre Anna Magdalena Bössen

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