Ich war auf Hallig Hooge. Im Winter. Man könnte jetzt denken: Ach, diese kleinen Eilande im Wattenmeer, auf denen es nichts zu sehen gibt als Wasser, das kommt – und Wasser, das geht.
Stimmt genau. Und stimmt auch wieder nicht. Wasser, das kommt, und Wasser, das geht, bringt so einiges mit sich.
Im Sommer: Farben, Himmel, Weite, Vögel, Tiere, Stille.
Im Winter: Sturmfluten und Landunter. Dann ragen nur noch die kleinen Häuseransammlungen, die Warften, aus dem eiskalten Wasser heraus. Dann fahren auch keine Fähren mehr zum Festland, dann kommt man nicht mehr zum Halligkaufmann, dann ist so eine Warft ganz auf sich gestellt.
Genau das wollte ich einmal miterleben und so kam es, dass ich nicht die letzte Fähre vor dem Sturm aufs Festland nahm, sondern mich mit Nahrung für mindestens zwei Wochen eindeckte und der Dinge harrte, die da kommen sollten. Und sie kamen: unaufhaltsam, stetig und irgendwie wunderschön nahm sich die See Meter um Meter der Hallig, bis schließlich meine „Ockenswarft“ vollkommen von Wasser umgeben war. Selbst im stärksten Windgetöse wirkte dieser Prozess sanft. Harmonisch. Das Wasser tat keinem etwas zuleide, es ging hier nur seinen Weg…
Die Hooger kennen das Schauspiel und betrachten es mit gemischten Gefühlen. Sie wissen, genau dieses „Landunter“ macht die Halligen zu etwas ganz Besonderem. Und es gehört zu ihrem Eiland dazu, es ist sozusagen natürlich. Aber sie erinnern sich auch an 1962, wo die Sturmflut fast alle Häuser zerstört hat. Oder an 2013, als „Xaver“ das Wasser soweit steigen ließ, dass nur Zentimeter fehlten und es wäre erneut in ihre Häuser eingedrungen. Daher gaben sie sich Pegelstände durch, hielten Kontakt und bewahrten Ruhe.
Ich hingegen hüpfte wie ein adrenalingefüllter Flummi vor ihren Fenstern auf und ab, machte Fotos und Videos von mir selbst, brüllte in mein Telefon – es war schließlich alles so aufregend!
Vielleicht haben die Warftbewohner deshalb nach zwei Tagen Hochwasser gesagt, sie wollten gerne einen Auftritt sehen. Im „Haus am Landsende“ gab es dann eine Privatvorstellung bei Landunter, Friesenschnitte, Grog und nordischer Herzlichkeit.
Danach war auch ich beruhigt – wer Gedichten lauschen kann während er von Wasser umgeben ist, der macht sich nicht wirklich Sorgen.
Und ich konnte wieder denken – naja, was einem so für Gedanken kommen während man umgeben ist von Meer, Himmel und Wind.
Gedacht:
Die Halligbewohner haben Respekt vor dem Elementen, sie wissen, dass wir das Wasser nicht beherrschen können – selbst dann nicht, wenn es uns augenscheinlich zu Füßen liegt.
Eine Hoogerin sagte, die Weite die sie hier täglich erleben, die muss man als Besucher auch erst einmal aushalten können – manch einer fühle sich davon eingeengt.
Wird der Klimawandel unweigerlich dazu führen, dass die Halligen eines Tages aufgegeben werden müssen?
Im Alltag und im Licht der Stadt übersehe ich immer wieder, welch ein gigantischer Sternenhimmel sich über uns spannt. So majestätisch, geheimnisvoll und unbegreiflich!
Ist er wirklich unbegreiflich? Sind wir nicht gemacht für die Unendlichkeit – des Meeres, des Himmels, des Universums? Sie zu sehen, zu verstehen, mit ihr zu leben? Für wen ist sie dann da?
Und sollten wir uns nicht wenigstens ab uns zu damit konfrontieren, weil es uns vielleicht nicht kleiner macht, sondern größer?
Tja, ich kann ein paar Nächte auf Hallig Hooge nur jedem ans Herz legen, das macht etwas mit einem …
Ich werde bald schon wieder übersetzen, da ich den Hoogern noch einen Auftritt in ihrer wunderschönen Halligkirche schuldig geblieben bin. Der geplante fiel wortwörtlich ins Wasser.
21.03. 2015, Kirchwarft, 20:00 Uhr.
Wer kommt mit? Wagen wir eine Stippvisite Richtung Unendlichkeit …
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Ich will dann gar nicht wissen was los ist wenn Sie an der Ostseeküste sind.
Würde ich mich aber darüber freuen.
Ich hab deinen Blog zwar grad erst gefunden aber jetzt wo ich bei meinem Vor-Kommentator NDR-Talkshow gelesen habe, kommt mir der Blog doch erstaunlich bekannt vor und ich glaube die Sendung habe ich auch gesehen. Die Bilder sind auch extrem schön. Ich mag es neue Ort zu erkunden, die von den Medien nicht komplett hochgelobt werden, sondern die man selbst irgendwie entdeckt und gleich sympathisch und als etwas Besonderes wahrnimmt. Lieben Gruß aus Sankt Jakob im Defereggental (nicht mehr ganz Deutschland 😉 )
Wie schön, dass du so spontan warst, liebe Anna Magdalena! Sturm und Landunter waren angesagt, du hättest noch mit der letzten Fähre auf´s Festland „flüchten“ können – aber du bist geblieben. Es war schön zu sehen, was der Sturm und die Hallig mit dir gemacht haben. Dich ztu beobachten hat Spass gemacht 😉 Selbstverständlich haben wir dich gesehen, als du vor unseren Fenstern wie ein Flummi rumgesprungen bist und wie du gegen den Wind geschrien hast – auch wenn du wohl vermutet hast, dich würde keiner sehen…. Du hast dich durchpusten lassen, hast dich fast verausgabt, kamst mit einer gesunden Gesichtsfarbe wieder in´s Haus. Warst einmal sogar richtig platt aber dennoch hast du immer zufrieden ausgesehen. Die Auszeit in der Unendlichkeit hat dir anscheinend gut getan. Und uns hat dein Besuch gut getan. Es gab mal wieder einen schönen Anlass, um auf der Ockenswarft zusammzurücken. Spontan hast du dich für einen Ersatz-Auftritt im kleinen Rahmen entschieden – vielen Dank dafür! Jetzt freuen wir uns umso mehr auf den 21.03. in der Halligkirche, wenn du deinen gelben Koffer wieder für uns öffnest.
Bis bald und viele liebe Halliggrüße von Hooge
Katja
Die Postkarte von der Hallig ist angekommen! Vielen Dank!
Vinni 🙂
Hallo, Anna Magdalena,
na, da hast Du aber großes Glück gehabt – offenbar das erste Mal auf einer Hallig und gleich Landunter, davon träumen viele Stammgäste jahrelang….. !
Schade, daß es auf Langeneß noch nicht geklappt hat mit uns…ich verfolge Deine Homepage und Dein Auftritt in der NDR-Talkshow war supersympathisch – ich werde versuchen, Dich vielleicht doch noch nach Hooge auch zu uns rüber zu locken und behalte den Termin im März im Auge – vielleicht bis doch irgendwann auf noch einer Hallig, nämlich Langeneß.
Viel Spaß weiterhin!
Rina Strubel