Alles ist einfach.

Ich sitze an einem malerischen, friedlichen Ort, die Sonne scheint, ich werde bekocht, kann schlafen, schreiben, lesen, verarbeiten, Pause machen für vier Tage.

Und was mache ich mir stattdessen? Sorgen. Nichts ist einfach.

Ich habe gelernt, dass es immer weitergeht, dass vieles einen Sinn hat, Fehler besser sind als Stillstand, alles eine Konsequenz aus Allem ist und ich deshalb auch alles ändern kann. Oder, um es kürzer zu sagen: nichts ist simpel, aber alles ist einfach. Wahrheit ist einfach, leben ist einfach, Liebe ist einfach. Wenn ich Wahrheit suche, mein Leben in die Hand nehme und es dabei noch schaffe, mich und andere zu lieben – dann liegt der Weg klar und deutlich vor mir und ich brauche einfach nur loszugehen.

So weit, so gut, das glaube ich, das habe ich auch schon erlebt.

Meine Idee zu diesem Projekt war so ein Moment – Ich wusste, ich will auf Spurensuche gehen (wer bin ich und wo komme ich her?) und leben was ich liebe (unterwegs sein, rezitieren, Menschen treffen, schreiben).
Deutschland. Ein Wandermärchen schlug ein wie ein Blitz. Das Fahrrad, die Elbe, das Konzept, der Titel, alles hat sich in diesem einen Moment auf dem Deich geformt zu einem Pfeil, der blinkte und gesagt hat: DA LANG!

Die erste Etappe NORDEN nähert sich dem Ende, mein gelber Koffer ist prall gefüllt mir Erlebnissen, Begegnungen, Gedanken und Nordwind –  und nun sind die Krähen wieder da und belagern mich:

Warum schaffe ich es nicht öfter den Blog zu schreiben, halte ich genug dieser Reise fest, wie bezahle ich die laufenden Kosten, wovon lebe ich im Winter, interessiert das Projekt im nächsten Jahr noch jemanden, was mache ich im Osten ohne WLAN, soll ich noch mehr Anträge schreiben, für Pressefotos Geld nehmen, Kooperationen anstreben, mich um Jobs kümmern?

Und vernachlässige ich nicht mein privates Umfeld, also die, die mir am nächsten stehen für die Beschäftigung mit alltagsfernen Fragen  – was mir am Ende vielleicht Erkenntnis und viele Fotos bringt, aber dafür verpasse ich wie mein Neffe laufen lernt?

Bei meinem letzten Auftritt in Kiel im Schiffercafe sagte mir ein Gast, dies sei die schönste Zeit meines Lebens, ich solle ich mir das bewusst machen. Ich denke, dass das stimmen kann und manchmal fühlt es sich auch so an – und trotzdem: es gibt Gegenwind: Das Jahr 2014 verlangt mir –  ich glaube uns allen –  viel ab. Den  Alltag meistern, das Berufliche sowieso, Emails beantworten, sich selbst und andere glücklich machen, sich informieren, mithalten, dagegenhalten, immer dabei sein und sich dabei selbst verwirklichen. Es bleibt kaum Luft zum Atemholen, kaum Stille um hinzuhören, kaum Muße für Leichtigkeit und Lebensfreude. Ich kenne eigentlich niemanden, der zwischen 25 und 50 ist und dem es anders geht. Wir gehen zu Coaches, Therapeuten und Seminaren um uns zu lösen aus den Verstrickungen unseres Alltages, um mit anderen Blickwinkeln den richtigen Weg zu finden.

„Es geht uns gut, verglichen mit anderen Ländern“ sagen die meisten im Publikum, wenn ich sie danach frage. Ja, die äußeren Umstände sind verdammt gut. Aber wer hat Zeit für große Fragen und ungewöhnliche Antworten? Wenn ich König von Deutschland wäre, dann würde ich jedem Bürger einen Monat Schweigekloster verordnen. Mir als erstes. Bezahlt. Wovon?

Keine Ahnung, aber ich bin sicher: alles ist einfach …

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